Die Kulturpolitische Gesellschaft und die BA Wolfenbüttel haben eingeladen, um über Tabus in der Kulturpolitik zu diskutieren. Unser Kollege Daniel von Lengen war Teilnehmer hat seine wichtigsten Eindrücke für uns notiert.
Folgende Felder wurden als Tabus identifiziert:
- Verteilungsgerechtigkeiten
- Hierarchien
- Kulturelle Bildung / -Vermittlung
- Gestaltende Kulturpolitik
Die Tagung begann mit Vorträgen über die kulturpolitischen Praktiken in unseren Nachbarländern. Es sprachen Lene ter Haar aus den Niederlande und Pius Knüsel aus der Schweiz. Die Niederländische Mentalität „gewoon doen – Einfach mal machen“ beispielsweise würde unserer Kulturpolitik sicherlich guttun! Mit Begeisterung wurde von außen auf die Vereinsstruktur in Deutschland geguckt, wenn auch die hohen bürokratischen Hürden wahrgenommen werden.
Kritik gab es auch an der derzeitigen Förderpolitik, die die Qualität der Kulturangebote sinken lässt, da Kulturprojekte und -angebote häufig anhand der Förderkriterien entwickelt werden müssen. Die intrinsische Motivation der Kulturschaffende passt nicht unbedingt in die engen Rahmen der Förderpraxis.
Ziel sollte es sein, den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Im Zuge dieser Zielsetzung wurden gerade für die Soziokultur bedeutende Positionen diskutiert: Hat die Hochkultur die Soziokultur verschluckt? Es ist Zeit für die Revolution der Soziokultur! Soziokultur als Leitprinzip der Kulturpolitik! Diese Wahrnehmungen werden im Landesverband in Zukunft noch stärker diskutiert werden.
Peter Grabowskis Vortrag „Elefanten im Raum der Kulturpolitik“ benannte Dinge, die so schmerzhalft sie sind, benannt und ausgesprochen werden müssen. Zusammengefasst liest sich das so:
- Die Kultur ist bei weitem nicht so Innovativ wie sie denkt. Im Grunde ist sie Strukturkonservativ.
- Keine Angst vor der Künstlichen Intelligenz! Sie ist zwar Seelenlos und gnadenlos erfolgreich. Aber auch sehr hilfreich, wenn wir sie uns zu Nutze machen.
- Nicht mal die Hälfte der Bevölkerung kann Kultur wahrnehmen!
- Ist die „Hoch“Kultur wirklich der Kitt der Gesellschaft, oder dient diese Aussage lediglich der Legitimation für die absurde Höhe der Fördermittel? (Mehr als die Hälfte der zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 13 Milliarden Euro, fließen in die Hochkultur)
- Der sogenannte Kulturstatt zahlt Kulturschaffende „beschissen“ (Zitat).
- Die Anpassung der Löhne führt dazu, dass mehr Geld für weniger Künstler und weniger Projekte und damit noch kleineren Zielgruppen zur Verfügung stehen wird.
- Die Staatszieldebatte wird nur geführt, damit sich die kulturpolitischen Akteur:innen besser in Scene setzen können. Es handelt sich um Alibi Politik!
Es bleibt festzuhalten, dass die staatlich geförderten Institutionen elitär sind! Die Bibliotheken und die Soziokultur sind schlecht finanzierte Anhängsel! Die Debatten rund um die Kulturpolitik sind Innendiskurse und werden außerhalb der Blase nicht oder nur wenig wahrgenommen. Es fehlen belegbare Zahlen, um die ungerechte Verteilung im Bezug auf den Nutzen für die breite Bevölkerung aufzuzeigen. Somit geht weiterhin ein Großteil der Mittel an Minderheiten!
Hier könnten die „4 Public Values“ Grundlage für ein Konzept sein, um Mittel sinnvoller – im Sinne von einer Orientierung an den Bedürfnissen der Bürger - zu verteilen.
In einem abschließenden Workshop wurde intensiv an Ideen für mögliche Maßnahmen zur Veränderung der derzeitigen Kulturpolitik gearbeitet. Wie gut und praktisch die Konzeptideen zukünftig umzusetzen sind, bleibt abzuwarten. Wir sind gespannt! Danke für die inspirierende Tagung und die gewinnbringenden Gespräche Abseits des Programms. Wir nehmen die Impulse auf und nutzen diese auch für unsere weitere Arbeit.
Daniel van Lengen, Kulturberater, Region Nord des Landesverhgands Soziokultur Niedersachsen