Ermittlungen nach Abmahnwelle wegen Nutzung von Google-Fonts

Viele haben davon gehört, andere waren gar betroffen: Im Herbst des vergangenen Jahres wurden zahlreiche Betreiber von Webseiten mit anwaltlichen Zahlungsaufforderungen konfrontiert. Zugrunde lagen dabei behauptete Datenschutzverstöße im Zusammenhang mit der Verwendung von Google-Fonts. Verwiesen wurde auf eine Entscheidung des Landgerichts München aus dem Januar 2022.

In diesem Urteil wurde ein Unternehmen zur Leistung von Schadensersatz wegen rechtswidriger Verwendung von Google-Fonts verurteilt. Vereinfacht dargestellt werden bei der Nutzung dieser Fonts Nutzerdaten wie etwa die IP-Adresse an Google-Server in den USA übertragen, was nach aktueller Rechtslage ohne ausdrückliche Einwilligung des Nutzers mit dem Datenschutzrecht unvereinbar und somit rechtswidrig ist. Darüber hinaus wird auch die informationelle Selbstbestimmung von Nutzern verletzt.

Mit der Zeit erhärtete sich der Verdacht, bei den anwaltlichen Zahlungsaufforderungen bzw. Abmahnungen, welche Bezug auf dieses Urteil nahmen, handele es sich um einen groß angelegten Betrugsversuch. Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin wurden nun mehrere Durchsuchungs- sowie zwei Arrestbeschlüsse vollstreckt.

Abmahnbetrug und versuchte Erpressung in mindestens 2.418 Fällen

In der Meldung Nr. 2422 der Polizei Berlin vom 21.12.2022 heißt es hierzu:

„In einem Verfahren gegen zwei Beschuldigte – einen 53-jährigen Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Berlin und dessen 41-jährigen Mandanten, dem angeblichen Repräsentanten einer „IG Datenschutz“ – wurden heute wegen des Verdachts des (teils) versuchten Abmahnbetruges und der (versuchten) Erpressung in mindestens 2.418 Fällen durch die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin Durchsuchungsbeschlüsse in Berlin, Hannover, Ratzeburg und Baden-Baden sowie zwei Arrestbeschlüsse mit einer Gesamtsumme vom 346.000 Euro vollstreckt.“

Der Modus Operandi

Bundesweit wurden Privatpersonen und Kleingewerbetreibende abgemahnt. Dabei wurde angeboten, gegen Zahlung einer Vergleichssumme in Höhe von 170,00 Euro ein Zivilverfahren vermeiden zu können. Hierzu heißt es in der Polizei-Meldung weiter:

„Dass die behaupteten Schmerzensgeldforderungen wegen Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht bestanden, soll den Beschuldigten dabei bewusst gewesen sein. Entsprechend sollen sie auch gewusst haben, dass für die Angeschriebenen kein Anlass für einen entsprechenden Vergleich bestand, da sie die angeblichen Forderungen gerichtlich nicht hätten durchsetzen können. Die Androhung eines Gerichtsverfahrens soll daher tatsächlich nur mit dem Ziel erfolgt sein, die Vergleichs-bereitschaft zu wecken.“

Beschuldigte scheuen keine Mühen

Hierzu heißt es:

„Die Beschuldigten aber sollen gerade nicht unbedarft gewesen sein: Mittels einer eigens dafür programmierten Software sollen sie zunächst Websites identifiziert haben, die Google Fonts nutzen. In einem zweiten Schritt und wieder unter Nutzung einer dafür entwickelten Software sollen sie Websitebesuche durch den Beschuldigten 41-jährigen automatisiert vorgenommen, diese letztlich also fingiert haben. Die dann protokollierten Websitebesuche sollen die Grundlage für die Behauptung der datenschutzrechtlichen Verstöße und die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen gewesen sein, die durch die Annahme des „Vergleichsangebotes“ angeblich hätten abgewendet werden können.“

Kein Verstoß gegen Persönlichkeits- und Datenschutzrecht

Nach rechtlicher Würdigung des Vorgehens der Beschuldigten lägen in diesem Fall weder Verletzungen des Persönlichkeitsrechts vor, noch ließen sich datenschutzrechtliche Verstöße feststellen:

„Die Beschuldigten sollen daher darüber getäuscht haben, dass eine Person die Websites besucht hat (und nicht tatsächlich eine Software). Mangels Person läge dann aber keine Verletzung eines Persönlichkeitsrechts vor. Da sie diese Besuche außerdem bewusst vorgenommen haben sollen, um die IP-Adressen-Weitergabe in die USA auszulösen, hätten sie faktisch auch in die Übermittlung eingewilligt, so dass eben gerade kein datenschutzrechtlicher Verstoß mehr gegeben war, der eine Abmahnung hätte begründen können. In einigen Fällen soll zudem überhaupt keine Datenübermittlung in die USA erfolgt, ein darauf basierender Anspruch aber trotzdem geltend gemacht worden sein.“

Die Zahl der Betroffenen ist hoch

Laut Mitteilung der Polizei Berlin haben etwa 2.000 Personen aus Sorge vor einem Zivilverfahren und in der irrigen Annahme, ein entsprechender Anspruch habe bestanden, die geforderte Summe gezahlt. Über 400 Anzeigen von Betroffenen, die der Zahlungsaufforderung nicht nachgekommen sind, liegen der Staatsanwaltschaft derzeit vor. Die Ermittlungen im Zuge der Auswertung der sichergestellten Beweismittel werden weiteren Aufschluss geben.

Quelle: Vereins- und Stiftungszentrum e. V.

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